Geschichte durchs Objektiv erleben: Erzählende Fotografie in Lost Places

Verlassene Orte haben eine ganz eigene Magie. Wo einst Leben herrschte, erzählen heute verblasste Farben, bröckelnder Putz und verrostete Gegenstände von vergangenen Zeiten. Wer mit Kamera oder Smartphone unterwegs ist, kann diese stummen Geschichten sichtbar machen – durch erzählende Fotografie.

Doch wie gelingt es, den Charme und die Geschichte eines Lost Place fotografisch einzufangen? Wie dokumentierst du Räume, Stimmungen und Details so, dass sie beim Betrachten deiner Fotos nicht nur ästhetisch beeindrucken, sondern auch neugierig machen, berühren – und Fragen stellen? Genau darum geht es in der erzählenden Fotografie.


Was ist erzählende Fotografie?

Erzählende Fotografie passt perfekt zur Lost Places Fotografie und bedeutet, dass deine Bilder mehr sind als schöne Einzelaufnahmen – sie fügen sich zu einer visuellen Geschichte zusammen. Dabei geht es nicht um gestellte Szenen oder große Erzählbögen, sondern um echte, gefundene Motive, die sich wie Puzzlestücke zusammenfügen: Atmosphäre, Spuren der Vergangenheit, Hinweise auf die einstige Nutzung, Kontraste zwischen Verfall und Überdauerndem.

In Lost Places bedeutet das: du bist nicht einfach nur Beobachter – du wirst zum visuellen Geschichtenerzähler.

“Fotografieren ist mehr als auf den Auslöser drücken.”


Bettina Rheims

Der Ort als Hauptdarsteller: So erschließt du dir Lost Places fotografisch

Viele Lost Places sind weitläufige Areale – ehemalige Krankenhäuser, Fabriken, Schulen, Hotels oder Heilanstalten. Also wer hier einfach drauflos knipst, steht schnell mit 500 Fotos da – und keiner Ahnung, was eigentlich erzählt werden sollte. Deshalb:

1. Nimm dir Zeit zum Ankommen

Stell deine Kamera zurück in die Tasche und geh erst einmal bewusst durch das Gelände. Lausche, rieche, spüre. Was fällt dir auf? Gibt es ein zentrales Motiv, das dich besonders anspricht? Eine Etage, ein Raum, ein bestimmtes Detail?

2. Arbeite dich von außen nach innen vor

Beginne mit Übersichten (dafür sind auch unsere Übersichtskarten perfekt, die ihr von uns zu jeder Tour bekommt). Was gibt es zu sehen – Gebäudefassaden, Eingänge, Wege. Danach nähere dich Stück für Stück dem Inneren. Räume, Gänge, Details.

So entsteht automatisch eine erzählerische Struktur – fast wie bei einem Film.

3. Nutze das vorhandene Licht

Backstein-Romantik in der großen Fabrik-Halle
Backstein-Romantik in der großen Fabrik-Halle

In Lost Places gibt es keine Studiobeleuchtung – und genau das ist das Geschenk. Fensterlicht, gebrochene Schatten, Lichtstrahlen durch Staub in der Luft – all das erzeugt Stimmung. Nutze es. Fotografiere mit available light (also verfügbares, vorhandenes Licht) und arbeite mit Kontrasten.


Welche Foto-Motive erzählen Geschichte?

Lost Places fotografieren - Foto: Patrick Pierre/unsplash
Foto: Patrick Pierre/unsplash

Erzählende Fotografie lebt von der Vielfalt und vom Blick fürs Besondere. Hier einige Motivideen, die du in deiner Story einbauen kannst:

  • Spuren menschlicher Präsenz:
    Ein vergessener Stuhl, ein zurückgelassener Koffer, ein altes Plakat, eine Notiz an der Wand.
  • Verfall und Struktur:
    Abblätternde Farbe, rostige Rohre, eingestürzte Decken, Risse im Boden – sie zeigen den Lauf der Zeit.
  • Gegensätze:
    Technik vs. Natur. Wo Pflanzen durch Beton wachsen, entsteht kraftvolle Symbolik.
  • Details mit Symbolkraft:
    Eine offene Schublade, eine zersprungene Tasse, ein einzelner Schuh – Motive, die Fragen aufwerfen.
  • Türen, Fenster, Durchblicke:
    Sie schaffen Tiefe, lassen Raum für Interpretation, machen neugierig auf „Was war dahinter?“

Kleine Storytelling-Aufgaben für deine nächste Lost Places-Fototour

Wenn du auf die nächste Lost Places-Fototour oder Entdeckungstour gehst, kannst du dir kleine fotografische Aufgaben stellen, um deine Story bewusster aufzubauen:

  • Fotografiere einen Raum in drei Bildern: Überblick – Detail – Stimmung.
  • Finde ein Motiv, das Hoffnung ausdrückt – und eines, das Verfall zeigt.
  • Dokumentiere Veränderungen: Fotografiere z. B. mehrere Fenster im Vergleich – manche intakt, andere zerbrochen.
  • Setze Farben bewusst ein: Finde dominante Farben (z. B. rostrot, grün, grau) und zieh sie als visuelle Linie durch deine Serie.

Nützliches Foto-Equipment für erzählende Fotografie in Lost Places

Foto: Domagoj Ćosić/unsplash

Du brauchst keine Profi-Ausrüstung, aber ein paar Tools machen das Fotografieren angenehmer und wirkungsvoller:

  • Kamera oder Smartphone mit gutem Sensor und manuellem Modus
  • Weitwinkel-Objektiv (für Architektur und Räume) oder Smartphone-Linsenaufsätze
  • Kompaktes Stativ für Langzeitbelichtungen bei wenig Licht
  • Stirnlampe/Taschenlampe – zum Sehen und für gezielte Lichtakzente
  • Ersatzakkus und SD-Karten – Strom gibt’s hier nicht
  • Fototasche oder Rucksack mit gutem Tragekomfort
  • Handschuhe & festes Schuhwerk – für die Sicherheit und etwas Abenteuer-Feeling

Deine Perspektive macht die Geschichte

Jeder Lost Place hat eine Vergangenheit – aber du gibst ihm eine Stimme. Mit deiner Perspektive, deinem Blick, deinem Gespür für Details kannst du zeigen, was oft im Verborgenen liegt. Ob du eine klassische Bildreportage machst, ein stimmungsvolles Moodboard oder eine Serie aus reinen Detailaufnahmen – deine Fotos können berühren, erzählen und zum Nachdenken anregen.

Also: Kamera schnappen, Taschenlampe einpacken – und auf Entdeckungstour gehen. Denn manchmal braucht es nur einen einzigen Blick durch den Sucher, um Geschichte wieder lebendig werden zu lassen.

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